Erzähle uns etwas über die Entstehung deines Reiseblogs. Wie kam es dazu?

Schon lange habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, von meinen Reisen zu erzählen. Von dem Vorschlag, ein Buch darüber zu schreiben, fühlte ich mich überfordert. Durch meine Arbeit als Redakteurin für die Deutsch-Chinesische Allgemeine Zeitung habe ich meine Leidenschaft für das Schreiben neu entdeckt und festgestellt, dass kurze Artikel und Essays genau das Richtige für mich sind. Und das ist auch optimal für einen Blog. Ich habe dann letztes Jahr ganz langsam angefangen, musste erst noch meinen Themenschwerpunkt finden. Nach und nach hat sich dann der Blog entwickelt mit dem Schwerpunkt Reisen und dort besonders China und Asien. Mein Publikum ist in den letzten zwei Monaten stark gewachsen. Eigentlich ganz überraschend für mich, weil ich Blogger selbst meistens nicht ernst genommen habe. Da habe ich meine Meinung nun völlig geändert. Ich bin stolz darauf, eine Reisebloggerin zu sein, und freue mich, Teil einer ganz besonderen Gemeinschaft zu sein.
Du bist schon viel herumgekommen auf deinen Reisen. Wie viele Länder waren das genau? Und was ist für dich das Besondere am Reisen?
Die Länder, die ich bereist habe, habe ich nicht gezählt. Ich bin viel gereist in Zeiten, wo es noch die UdSSR oder Jugoslawien gegeben hat. Zähle ich das heute als ein Land oder als mehrere? Es sind auf jeden Fall mehr als 40 Länder, die ich bereist habe, also eigentlich noch gar nicht so viele. Ich reise, um bestimmte Dinge/Sehenswürdigkeiten zu sehen. Ich liebe Städte mit ihren Museen, Kirchen, Tempeln usw. Länder, die außer Landschaft (z.B. Neuseeland oder die Malediven) nicht viel zu bieten haben, reizen mich gar nicht. Aber wenn ich etwas unbedingt sehen möchte, wie damals 1987 die Terrakotta-Armee in Xi’an, dann setze ich alle Hebel in Bewegung, um dieses Ziel zu erreichen. Ja, wenn ich dann an diesem Ziel bin, dann genieße ich den Anblick, die Geschichte und fühle mich großartig. Ansonsten verweise ich auf meinen Artikel: Was macht mich glücklich auf Reisen?
Was war für dich der bisher aufregendste und erlebnisreichste Urlaub und warum?

Das war meine erste Reise nach China 1987. Damals schien es, als sei China besonders für Individualreisende gar nicht möglich zu bereisen. Eine touristische Infrastruktur für Backpacker mit Hostels und englischsprachigen Speisekarten existierte so gut wie gar nicht. Ich war gut vier Wochen unterwegs. Jeder Tag war ein neues Abenteuer: Würde ich was Genießbares zum Essen finden? Würde ich das Museum, den Tempel, die Sehenswürdigkeit finden? Fast jeden zweiten Tag verirrte ich mich den großen Städten, streunte orientierungslos durch die Gegend. Alles war total fremd, kaum jemand sprach Englisch, von Deutsch ganz zu schweigen. Ich ließ mich da auch auf ein großes Abenteuer ein: Von Chengdu aus fuhr ich mit einer neugefundenen deutschen Freundin für vier Tage in das Naturschutzgebiet Jiuzhaigou. Darüber gab es in unseren Reiseführern kaum ein Wort. Es musste irgendwo in den Bergen liegen und es sollte dort tibetische Dörfer geben: Mehr wussten wir nicht. Wir fuhren völlig ahnungslos dorthin. Der klapprige Bus quälte sich durch eine steile Schlucht und über einen hohen Pass. Wir hatten keine Ahnung, wo wir waren. In den Bergen ein Schneesturm, statt einer Busfahrt eine 25Kilometer lange Wanderung. Aber wir fanden immer jemand, der uns half. Wir fanden immer eine Unterkunft und verhungert sind wir auch nur fast. Mit all meinen Kenntnissen über China heute würde ich das nicht noch einmal machen. Aber es war ein tolles Abenteuer – im Nachhinein!
Du hast schon früh deine Leidenschaft für China entdeckt. Was fasziniert dich so an dem Land?
Nach meiner Rückkehr 1987 habe ich lange darüber nachgedacht. Damals hatte ich mehr das Gefühl einer Hassliebe zu China. Doch irgendwie zog es mich immer wieder dorthin. 1988 war ich zum ersten Mal in Peking. Dort fand ich einen Grund für meine Liebe zu China: Ich hatte das deutliche Gefühl, dass ich in einem früheren Leben schon in Peking gelebt hatte. Alles schien mir vertraut. Ich stelle mir manchmal vor, dass ich vor rund 100 Jahren als Angehörige eines europäischen Gesandten durch die Straßen gegangen bin. Deshalb dieses Gefühl von Vertrautheit und doch auch Fremdheit.
Hast du ein paar Reise-Tipps für unsere Leser zum Reisen mit Kindern in China? Was ist besonders für die lieben Kleinen interessant?
Da kommt es sicherlich ein wenig auf das Alter an. Wenn sie ganz klein sind und vielleicht gar noch blond, dann erregen sie viel Aufsehen. Alle chinesischen Mütter und Großmütter sind entzückt von ihnen. Darauf muss man als Eltern vorbereitet sein. Reisen nach China sind Besichtigungsreisen. Stundenlang ist man in Palästen und Tempeln unterwegs und legt weite Wege zurück. Andererseits gibt es in China tolle Freizeitparks und Indoor-Spielhäuser. Man sollte sich genau informieren, was eventuell für das eigene Kind infrage kommt. An der Großen Mauer gibt es z.B. eine gigantische Rodelbahn, über die man schnell wieder ins Tal kommt. Es gibt auch schon spezielle Rundreisen für Familien mit Kindern. So etwas sollte man in Erwägung ziehen, wenn man zum ersten Mal in China unterwegs ist und seine Kinder mitnehmen will.

Vorsicht beim Besuch von Zoos und Tierparks! Es hat sich einiges verbessert in den letzten Jahren. Doch wenn man nicht gerade ein Pandabär ist, muss man in Chinas Zoos als Tier häufig noch mit kleinen unschönen Käfigen auskommen. Auch hier gilt: Man sollte sich im Voraus gründlich informieren! Die diversen Panda-Aufzuchtstationen sind auf jeden Fall sehenswert. In Zoos gibt es neben der wenig artgerechten Haltung von Tieren auch noch das Problem des chinesischen Zoobesuchers. Der möchte Action und Bewegung sehen. Ein Tier, das einfach in der Sonne döst, ist nicht interessant. Deshalb wird gerufen, an die Gitter und Scheiben geklopft und manchmal auch mit Steinen geworfen. Das kann traumatisch für den unvorbereiteten Westler wirken.
Du lebst schon lange in Hamburg. Gibt es da ein paar Reise-Tipps, die du für unsere Leser hast? Was sollte man in Hamburg auf keinen Fall verpassen?

Der Hafen ist natürlich die Attraktion schlechthin! Eine Hafenrundfahrt muss auch gar nicht teuer sein: Mit der öffentlichen Fähre nach Finkenwerder kann man für den ganz normalen Tarif ganz dicht an die großen Pötte ran. Die Hafencity bietet mit dem grandiosen Miniaturwunderland eine tolle Attraktion für Kinder und auch die Eltern. Da sollte man mal auf dem Blog von family4travel stöbern. Die waren gerade erst in Hamburg und haben viel erlebt.
Was ist dir lieber: Wüste oder Berge?
Wenn ich nur diese Wahl habe, dann sage ich Wüste. Ich habe schon einige Wüsten erlebt. Das sind großartige Landschaften. Berge, Gebirge sind auch großartig, aber je höher desto unheimlicher für mich Stadtmaus. Ansonsten liebe ich das Meer! Ich fühle mich auch auf Schiffen sehr wohl.
Du bist nicht nur in Ländern unterwegs, in denen Deutsch oder Englisch gesprochen wird. Ist es da nicht manchmal schwierig mit der Kommunikation?

Nein. Man kann sich mit einigem guten Willen und einem Taschenwörterbuch überall verständlich machen. Mangelnde Sprachkenntnisse haben mich von keinem Land abgehalten. Wenn ich ein Land bereise, dessen Sprache ich nicht spreche, dann lerne ich ganz schnell wenigsten „Bitte“ und „Danke“ zu sagen. „Hallo“ ist allgemeinverständlich und ein Lächeln universell. In China ist es wichtig, einen Stadtplan oder einen Reiseführer dabei zu haben, in dem die Sehenswürdigkeiten und Orte sowohl in chinesischen Schriftzeichen geschrieben sind als auch in lateinischer Schrift. Denn wenn man keine Erfahrung hat, dann kann man sich mit der Aussprache noch so viel Mühe geben, man wird meistens nicht verstanden. Stattdessen zeigt man auf das, was man will, und hat gute Chancen, dass man verstanden wird.
Was darf bei dir auf Reisen niemals im Gepäck fehlen?
Mir ist es wichtig, ein Taschenmesser (mit Korkenzieher seit es in China gute Weine gibt!) dabei zuhaben und ein großes Kopftuch. So ein Tuch ist vielfältig verwendbar als Sonnenschutz, Beutel, Umhang usw. Das allerwichtigste ist aber meine Kamera. Da ich ein sehr schlechtes Gedächtnis habe, brauche ich die Fotos, um mich später noch an alles erinnern zu können.
Souvenirs gehören zum Reisen mit dazu. Was ist das Schönste/Lustigste/Skurrilste, das du je aus dem Urlaub mitgebracht hast?

Ich kaufe mir unterwegs eher selten richtige Souvenirs. Die kaufe ich dann höchstens als Mitbringsel. Doch ich liebe es, mir Dinge zu kaufen, die ich Zuhause gut gebrauchen kann. So verfüge ich über ein Nudelholz aus Tashkent und einen Nagelknipser mit Windmühlenmotiv aus Urk in Holland. Natürlich findet man bei mir auch unzählige Essstäbchen und bunte Tassen aus China. Ach, ein Ding musste ich unbedingt haben: Eine rote Wasserthermosflasche mit großen Rosen drauf. Die habe ich dann den ganzen Weg von Peking mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Hause mitgebracht. Die wertvollsten Souvenirs sind mir die kleinen Geschenke, die ich unterwegs bekommen habe. Zum Beispiel das Buddhabild, das mir ein Taxifahrer in Peking schenkte, als ich ihm erzählte, dass ich Buddhistin bin.
Was ist das Leckerste, das du je auf deinen Reisen gegessen hast und wo war das?
Profiteroles in Italien, Ziegenmilch und Ziegenkäse beim Bauern in der Lüneburger Heide, Tomaten, Fladenbrot und Schafskäse in einem kleinen Hafen in Griechenland, frisch gebratene Forellen in der Türkei. Es gibt eigentlich kein „Leckerstes“. Viele besondere Essen verbinde ich mit besonderen Erlebnissen, mit einer besonderen Umgebung. In China könnte ich Hühnchen mit Erdnüssen (Gong Bao Ji Ding) pfundweise in mich stopfen. Superlecker ist auch eine richtige Pekingente, am besten bei Freunden. Die absolut frischen Fische in China: Ein Gedicht! Hach, und die leckeren scharfen Thaicurries! Ich komme ganz ins Schwärmen und mir läuft gerade das Wasser im Mund zusammen.

Besonders lecker ist das Essen immer, wenn man es entbehrt hat. So erinnere ich mich an ein Erlebnis in Südkorea. Ich war mit Freunden zu einer längeren Wanderung in den Bergen bei Kyongju aufgebrochen. Wir hatten nicht daran gedacht, uns was zu essen mitzunehmen. Oben auf dem Berg herrschte dichter Nebel. Wir befürchteten schon, uns verirrt zu haben. Uns knurrten die Mägen. Es war feucht und ungemütlich. Da kam aus dem Nebel wie eine Erscheinung eine koreanische Frau auf uns zu. Sie lächelte uns freundlich an. Wir verstanden kein Wort und dann öffnete sie ihren Beutel für uns und bot jedem von uns eine reife rote Tomate an. Köstlich, einfach köstlich! Wenig später fanden wir eine Einsiedelei, in der uns die zwei dort lebenden alten Frauen eine heiße Nudelsuppe anboten. Etwas Köstlicheres kann man sich gar nicht vorstellen!
Zum Schluss noch: Was ist dein nächstes Urlaubsziel und was reizt dich besonders daran?
Das verrate ich noch nicht. Es steht wieder China an, aber wo genau ist noch ein Geheimnis… Und es reizt mich besonders, dass es in eine Gegend geht, in der ich noch nicht war.
Hab vielen Dank für dieses schöne, spannende Gespräch, liebe Ulrike!